Grundlagen

Was ist Polarimetrie?

Einfach erklärt: Polarimetrie ist eine Methode zur Messung der Drehung der Schwingungsebene von polarisiertem Licht, wenn es durch eine optisch aktive Substanz hindurchgeht. Die Schwingungsebene des Lichts ist die Richtung, in der die elektromagnetischen Wellen des Lichts vibrieren, während sie sich durch den Raum bewegen. Polarisiertes Licht ist Licht, bei dem die Schwingungen in einer bestimmten Richtung ausgerichtet sind.

Was versteht man unter Polarisation?

In der Physik wird Licht als elektromagnetische Welle beschrieben, deren Schwingungen in alle Richtungen orientiert sind. Bei der Polarisation wird die Schwingungsebene des Lichts festgelegt, das heißt alle Schwingungen außer einer bestimmten Ebene werden herausgefiltert. Dazu werden sogenannt Polarisationsfilter verwendet.

Was sind optisch aktive Substanzen?

Viele organische und anorganische Stoffe, wie Zucker, Stärke und ätherische Öle, sind in ihrem kristallinen, flüssigen oder gelösten Zustand optisch aktiv. Das bedeutet, sie können die Richtung von polarisiertem Licht beeinflussen. Diese Substanzen drehen die Richtung des polarisierten Lichts um einen bestimmten Winkel.

Optisch aktive Stoffe benötigen ein Asymmetriezentrum, das bedeutet sie besitzen ein Kohlenstoffatom mit vier unterschiedlichen Substituenten. Man nennt solche Moleküle Chiral. Sie verhalten sich zueinander wie Bild und Spiegelbild und können nicht durch Drehung in Deckung gebracht werden. Ein einfaches Beispiel dafür sind unsere Hände.

Unterscheiden sich zwei Moleküle nur in der Anordnung ihrer Substituenten, so spricht man von Enantiomeren. Sowohl ihre Summenformel als auch die meisten physikalischen Eigenschaften, wie Schmelz- und Siedepunkt sind identisch. Sie unterscheiden sich aber in ihrer optischen Aktivität, denn sie drehen linear polarisiertes Licht um den gleichen Betrag, aber in unterschiedliche Richtungen (Rechtsdrehend +; Linksdrehend -). Ebenfalls unterscheiden sich ihre Reaktionen bei chemischen Reaktionen und haben unterschiedliche Wirkungsweisen. Dies ist besonders in der Pharmazie zu beachten. Liegt eine 1:1 Mischung eines Enantiomeren Paares vor, ist diese nicht optisch aktiv. Die optischen Drehungen der beiden Enantiomere heben sich gegenseitig auf.

Wie funktioniert ein Polarimeter?

Mit einem Polarimeter lässt sich die optische Aktivität einer Substanz messen und ist mindestens aus den folgenden Teilen aufgebaut: 

  • Lichtquelle
  • Probenröhre
  • Polarisationsfilter (Analysator)
  • Detektor

Unpolarisiertes Licht wird durch einen ersten Polarisationsfilter polarisiert. Anschließend gelangt das polarisierte Licht durch die zu untersuchende Substanz in der Probenröhre. 

Das aus der Substanz austretende Licht wird durch einen weiteren Polarisationsfilter (Analysator) geleitet, dessen Drehung geändert werden kann.

Wie erfolgt die Messung mit einem Polarimeter?

Ist der zweite Polarisationsfilter parallel zum ersten aufgestellt, so bleibt die Schwingungsrichtung des polarisierten Lichtes erhalten und gelangt an den Detektor (100% Transmission). Wird der zweite Polarisationsfilter um 90° gedreht, so wird die Lichtwelle blockiert und kein Licht kommt am Detektor an (0% Transmission).

Zur Messung der optischen Aktivität (des Drehwinkels) wird der Analysator bis zur Kompensationsposition gedreht. In der Kompensationsposition wird die Drehung der Polarisationsebene des Lichts durch die Probe vollständig kompensiert, was bedeutet, dass das durchgelassene Licht entweder maximal oder minimal ist. Die optische Drehung wird in Winkelgraden gemessen. Daher werden diese Geräte als Zirkularpolarimeter bezeichnet.

Zur genauen Bestimmung der Kompensationsposition (spezifische Ausrichtung des Analysators) setzt SCHMIDT + HAENSCH die Faraday-Modulation als elektronische Verstärkung ein. Ohne mechanische Übertragung durch Keilriemen oder Getriebe verwenden wir in allen Messgeräten eine direkte Kopplung von optischem Geber und Auswerteeinheit.

Dies gewährleistet eine hohe Präzision über den gesamten Messbereich. Zudem garantieren diese Prinzipien kurze Messzeiten und keinen mechanischen Verschleiß. So wird höchste Empfindlichkeit und schnellste Ausgleichszeit über den gesamten Messbereich erreicht. Die kontinuierliche Messung ermöglicht auch die Überwachung der Mutarotation (spontane Umwandlung eines chiralen Moleküls zwischen seinen beiden Enantiomeren).

Stabilität der Messwerte

Der beobachtete Drehwinkel hängt von folgenden Faktoren ab:

  • der Natur der Probe
  • der Konzentration der optisch aktiven Komponenten
  • der Wellenlänge des Lichtes
  • der Probentemperatur
  • der Länge der Probenröhre

Zusätzlich wird die Genauigkeit der Messung von folgenden Komponenten beeinflusst:

  • Zuverlässigkeit und Genauigkeit des Polarimeters
  • die Probenvorbereitung (Lösungsmittel, Temperatur, Homogenisierung)
  • Reinheit der Probe
  • Stabilität der Probe
  • gleichbleibende Messbedingungen

Welche Anwendungsgebiete gibt es für die Polarimetrie?

Polarimetrie findet Anwendung in der Forschung, Industrie und der Qualitätssicherung und wird in der Chemie, Pharmazie, Lebensmittelindustrie, Biologie und Biochemie, Umweltwissenschaften sowie industriellen Prozesskontrollen eingesetzt.

Beispiel für polarimetrische Anwendungen in der Pharmaindustrie

Besonders bei Arzneimitteln spielt die Qualitäts- und Reinheitskontrolle eine wichtige Rolle, denn sie bestehen meistens aus Enantiomeren. Jedes Enantiomer kann unterschiedliche physiologische Wirkungen haben. Deshalb ist die Trennung dieser Enantiomere für die meisten der heutigen Arzneimittel sehr wichtig.

Im Jahr 1957 kam die Substanz Thalidomid als Schlafmittel unter dem Namen Contergan auf den Markt. Während der Herstellung entstand allerdings nicht nur Thalidomid, sondern auch das Enantiomer 2-(2,6-Dioxopiperidin-3yl)iosindol-1,3-dion, welches zu Missbildungen bei etwa 10.000 Neugeborenen führte. So wurde das Medikament 1961 wieder zurückgezogen.

Die Bestimmung des Enantiomerenverhältnisses eines Stoffgemisches erfolgt am zuverlässigsten mit den pharmazeutischen Polarimetern, zum Beispiel von von SCHMIDT + HAENSCH.

Beispiel für polarimetrische Anwendungen in der Zuckerindustrie

In der Zuckerindustrie möchte man möglichst nur den Disaccharid Saccharose aus Zuckerrohr und Zuckerrübe extrahieren. Saccharose besteht aus einem a-Glucosemolekül und einem b-Fructosemolekül. Alle Zuckerarten sind chiral und damit optisch aktiv. Saccharose hat einen spezifischen Drehwinkel von +66,4°, Glucose +52,7° und Fructose -92°. Zuckerlösungen sind nicht stabil und zerfallen schnell in ihre Bestandteile.

Die Zuckerreinheitsanalyse wird mit einer Kombination aus Polarimeter und Refraktometer von SCHMIDT + HAENSCH durchgeführt.

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Quellen

Bruice P. (2011) Organische Chemie, 5. Auflage, München, Pearson

Clayden J., Greevs N., Warren S. (2013) Organische Chemie, 2. Auflage, Heidelberg, Springer-Spektrum, pp. 333 – 343

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